IVOM-Therapie: Wie wirken die Medikamente bei nAMD, DMÖ und einem Makulaödem infolge eines RVV?
Die intravitreale operative Medikamentenapplikation (IVOM) bietet heute eine wichtige Behandlungsmöglichkeit für die feuchte altersabhängige Makuladegeneration (nAMD/feuchte AMD), das diabetische Makulaödem (DMÖ) und das Makulaödem infolge eines retinalen Venenverschlusses (RVV). Sie fragen sich, wie die Medikamente der IVOM wirken und welche Behandlungsmöglichkeiten für Sie infrage kommen können? Hier erfahren Sie es. Denn gut informiert können Sie sich gemeinsam mit dem Behandlungsteam für die für Sie passende Therapie entscheiden.
Bei der IVOM-Therapie werden Medikamente eingesetzt, die Faktoren, die zur Erkrankung führen, hemmen können. Diese Medikamente sind auch als VEGF-Hemmer bekannt. In vielen Fällen – wie beispielsweise bei der nAMD – ist die IVOM-Therapie mit VEGF-Hemmern ein etablierter Behandlungsstandard.1
Bei einem DMÖ kommt es darauf an, wo genau sich das Makulaödem im Auge befindet. Je nach Lage kommen drei Behandlungsoptionen in Frage: Die IVOM-Therapie mit VEGF-Hemmern, eine intravitreale Steroid-Therapie oder eine Lasertherapie. Wenn bei einem DMÖ das Zentrum der Makula (Fovea) beteiligt und das Sehvermögen beeinträchtigt ist, soll vor allem eine IVOM (VEGF-Hemmer oder intravitreale Steroide) angewendet werden. Außerdem sollten die Nebenwirkungen der einzelnen Medikamente berücksichtigt werden. Denn die Nebenwirkungen nach intravitrealen Steroiden sind beispielsweise höher als bei VEGF-Hemmern.2
Bei Patientinnen und Patienten mit einem Makulaödem infolge eines RVV kann ebenso eine IVOM-Therapie begonnen werden, wenn das Behandlungsteam sich in dem individuellen Fall eine Verbesserung verspricht.3 Dieser Beitrag klärt Sie umfassend über die Wirksamkeit der IVOM mit VEGF-Hemmern auf.
IVOM-Therapie: Wie greifen die Medikamente ins Krankheitsgeschehen ein?
Um die Wirkweise der Medikamente der IVOM-Therapie zu verstehen, ist es wichtig, die zugrunde liegenden Krankheitsprozesse der nAMD des DMÖ oder des Makulaödems infolge eines RVV zu kennen. Im gesunden Auge versorgen Blutgefäße die Netzhaut mit Sauerstoff und wichtigen Nährstoffen. Das Wachstum und die Stabilität dieser Blutgefäße ist ein komplexes Wechselspiel verschiedener Faktoren, unter anderem aus den Botenstoffen Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) und Angiopoietin-2 (Ang-2).
Dies sind Eiweißstrukturen (Proteine), die auch im gesunden Gewebe vorhanden sind, aber bei der Entstehung von Netzhauterkrankungen aus dem Gleichgewicht geraten: Sie werden in zu großen Mengen gebildet. Dieses Übermaß an Botenstoffen führt dazu, dass krankhafte Blutgefäße in der Netzhaut wachsen können.
Diese krankhaften Gefäße sind undicht, sodass Flüssigkeit oder Blut austreten können. Die Flüssigkeitsansammlungen verursachen eine Schwellung und können letztendlich zu einer Schädigung der Rezeptoren führen.4
Daher ist es wichtig, frühzeitig das Wachstum der krankhaften Blutgefäße und eine mögliche Flüssigkeitsansammlung in der Netzhaut zu unterdrücken. Hier setzen die Medikamente der IVOM-Therapie an, indem sie einen oder mehrere der aus dem Gleichgewicht geratenen Botenstoffe hemmen.1
Wie hemmen die Medikamente der IVOM-Therapie die Botenstoffe?
Die Medikamente der IVOM-Therapie wirken als therapeutische Antikörper. Antikörper sind bereits als Teil unseres Immunsystems bekannt und sind dazu da, Krankheitserreger abzuwehren. Antikörper können Keime und andere schädliche Stoffe schnell erkennen und an sich binden. So können sie die Keime unschädlich machen und auch noch weitere Abwehrzellen zur Hilfe holen. Die Krankheitserreger oder Stoffe, die sich an die Antikörper binden, nennt man Antigene.
Bei Netzhauterkrankungen sind die Botenstoffe VEGF und Ang-2 aus dem Gleichgewicht geraten und in zu großer Menge vorhanden. Die IVOM-Medikamente können einen oder mehrere dieser Botenstoffe abfangen und binden – genauso wie die Antikörper des Immunsystems Antigene binden. Dadurch hemmen die Medikamente die schädliche Wirkung der Botenstoffe und unterdrücken das Wachstum der krankhaften Blutgefäße. Je nach Medikament kann die Wirkung mehrere Wochen oder sogar Monate anhalten, bis eine Wiederholung der Spritze erforderlich ist.
Die Blutgefäße in der Netzhaut können sich stabilisieren und der Austritt von Flüssigkeit kann verhindert werden. Die Netzhaut kann trocknen, wodurch die IVOM-Therapie Ihre Sehschärfe erhalten oder sogar verbessern kann. Eine möglichst langanhaltende stabile Trocknung der Netzhaut sollte das Ziel der Therapie sein, um möglichst langfristig Sehzellen schützen zu können. Die IVOM-Therapie kann damit die Sehschärfe erhalten oder sogar verbessern. Dies ist allerdings individuell und hängt vom jeweiligen Krankheitsgeschehen ab. Da die IVOM-Therapien aktuell nicht die Ursache der Entstehung der Erkrankung verhindern können, ist eine Heilung derzeit nicht möglich. Sobald eine Therapie unterbrochen wird, besteht das Risiko, dass die Botenstoffe erneut aus dem Gleichgewicht geraten und sich Flüssigkeit in der Netzhaut ansammeln kann. Aus diesem Grund ist eine langfristige und konsequente Durchführung der Therapie wichtig.
Im Video erklärt Frau Prof. Dr. Frederike Schaub, Fachärztin für Augenheilkunde und leitende Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Rostock, die Wirkweise der IVOM-Therapie.
Medikamente der IVOM-Therapie – Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Überblick
Bei der IVOM-Therapie können verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen. Sie zielen alle darauf ab, das Fortschreiten der Netzhauterkrankungen zu verlangsamen und so Ihre Sehschärfe zu erhalten oder zu verbessern. Gemeinsam ist den Medikamenten auch, dass sie über eine feine Nadel direkt an den Wirkort ins Auge gespritzt werden. Da die Medikamente nicht die Ursache der Netzhauterkrankungen behandeln können, muss die IVOM-Therapie in der Regel langfristig erfolgen. Denn ein Therapiestopp ohne ärztliche Empfehlung könnte eine erneute Ansammlung von Flüssigkeit zur Folge haben und so zu irreversiblen Schäden und einem stärkeren Sehverlust führen.
Um einer möglichen Therapiemüdigkeit entgegenzuwirken, kann versucht werden, die Intervalle zwischen den Spritzen zu verlängern. Dies kann aber nur bei einer Stabilisierung der Erkrankung in Erwägung gezogen werden. Das Ziel besteht dann darin, die Abstände so zu verlängern, dass Sie möglichst wenig Spritzen erhalten – also nur so viele wie nötig sind, um die Netzhauterkrankung stabilisieren zu können.
Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Medikamenten: Je nach Zulassung können die Intervalle zwischen den einzelnen Behandlungen variieren. Je nach Medikament kann die Wirkung bis zu 16 Wochen und länger andauern, bis eine neue Spritzengabe erforderlich sein kann. Ein weiterer Unterschied liegt in der Wirkweise, die entweder einen oder mehrere Botenstoffe im Auge hemmen.
Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, welche Therapien es für Ihre individuelle Situation gibt.
Sie haben Fragen zu Ihrem Medikament, aber die Packungsbeilage nicht zur Hand oder die Schrift ist zu klein? Bei Gebrauchsinformation 4.0 (GI 4.0®) finden Sie die Packungsbeilagen von zahlreichen Arzneimitteln – entweder über die Website oder in der App. Die digitale Version ermöglicht es Ihnen, die Schrift zu vergrößern.
Frau Dr. Sybille Kolitsch ist Fachärztin für Augenheilkunde. Im Video geht sie ausführlich auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen IVOM-Therapien ein und erklärt, was das für Ihre Behandlung bedeutet.
Die Verfügbarkeit verschiedener Medikamente gibt Ihrem Behandlungsteam und Ihnen die Wahl zwischen verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten. Sprechen Sie mit Ihrem Behandlungsteam über Ihre Therapieoptionen und entscheiden Sie gemeinsam, welche Therapie am besten zu Ihnen passt.
Inhaltlich geprüft: M-DE-00023746
- www.augeninfo.de/stellungnahmen/Anti-VEGF-Therapie_neovask_AMD.pdf
- https://dog.org/wp-content/uploads/sites/11/2013/03/Stellungnahme_DMOe_2019_08..pdf
- https://dog.org/wp-content/uploads/sites/11/2023/04/Intravitreale-Therapie-des-visusmindernden-Makulaoedems-bei-retinalem-Venenverschluss-2018-04-1.pdf
- Joussen et al. Eye (Lond). 2021;35:1305.