Retinaler Venenverschluss (RVV): Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Sie haben die Diagnose „retinaler Venenverschluss“, kurz RVV, erhalten? Mit umfassenden Informationen zur Erkrankung und den Behandlungsmöglichkeiten unterstützen wir Sie im Umgang mit der neuen Situation. Wir ermutigen Sie, den Blick nach vorne zu richten. Denn auch wenn der RVV zu Seheinschränkungen führt, können Sie Ihr Leben selbstbestimmt gestalten.

Erschienen am 07.08.2024

Häufig gestellte Fragen

Ein RVV ist eine Augenerkrankung, bei der eine Vene in der Netzhaut blockiert ist. Dadurch kann das Blut nicht mehr ungehindert über die Vene abfließen. Die Blockade der Netzhautvene entsteht häufig durch ein Blutgerinnsel, das sich an einer Engstelle festsetzt (Thrombose). Ein RVV kann aber auch durch fettreiche Ablagerungen an den Gefäßwänden von Arterien in der Netzhaut (Arteriosklerose) begünstigt werden, die dann die Venen einengen. Ausgeprägte Seheinschränkungen entstehen meist als Folgeerscheinung des RVV: Durch den Blutstau können Blutungen und Flüssigkeitsansammlungen in der Netzhaut auftreten. In der Folge kann eine Schwellung der Makula, dem Ort des schärfsten Sehens, entstehen. Dieses Makulaödem sowie weitere krankhafte Veränderungen der Netzhaut können die Sehschärfe beeinträchtigen.1 

Je nach Lage und Schwere des Venenverschlusses kann es zu plötzlich auftretenden leichten oder schweren Einschränkungen der Sehschärfe bis hin zu einem Sehverlust kommen. Ausgeprägte Seheinschränkungen entstehen meist jedoch durch Folgeerscheinungen des RVV, wie ein Makulaödem. Betroffene sehen dann unscharf, nehmen Farben blass oder verwaschen wahr oder sehen dunkle Flecken oder Linien.1,2

Vor allem ein Makulaödem infolge eines RVV kann das Sehvermögen langfristig beeinträchtigen. Moderne Medikamente haben die Behandlung des RVV und des Makulaödems jedoch erheblich verbessert und viele Betroffene können ihre Sehschärfe erhalten.3 In seltenen Fällen kann ein RVV auch zur Erblindung führen.4 

Die Therapie konzentriert sich meist auf die Behandlung der Folgen eines RVV. Dabei stellt das Makulaödem die häufigste Ursache für eine Sehverschlechterung dar.1 Hierbei ist die Therapie der Wahl die intravitreale operative Medikamenteneingabe (IVOM-Therapie), bei der ein Medikament in den Glaskörper des Auges gespritzt wird. Kommt es durch die verminderte Durchblutung durch den Venenverschluss zu einem ausgeprägten Sauerstoffmangel in der Netzhaut, kann eine Laserbehandlung zum Einsatz kommen.5 

Je nachdem, welche Vene verschlossen ist, unterscheidet man zwei Hauptformen eines RVV: Beim Zentralvenenverschluss (ZVV) blockiert die zentrale Netzhautvene. Ist eine kleinerer Venenast der Zentralvene betroffen, handelt es sich um einen Venenastverschluss (VAV).1

Was ist ein retinaler Venenverschluss (RVV)?

Ein retinaler Venenverschluss, kurz RVV, ist eine Augenerkrankung, bei der eine Vene in der Netzhaut blockiert ist.1 

Der Verschluss der Vene stört den Blutfluss in der Netzhaut, wodurch es zu Blutungen und Flüssigkeitsansammlungen kommen kann. Diese Veränderungen können zu einer akuten Verminderung der Sehschärfe führen. Als Folge kann ein sogenanntes Makulaödem auftreten, was die Sehschärfe dauerhaft beeinträchtigen kann.

Eine rechtzeitige Diagnose und angemessene Therapie können dazu beitragen, Ihr Sehvermögen trotz eines RVV zu erhalten oder zu verbessern.3

In Deutschland sind etwa 160.000 Menschen von einem RVV betroffen.6

Am häufigsten erkranken Menschen zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr an einem RVV.5 Die Erkrankung betrifft meist ein Auge. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch im zweiten Auge eine Vene innerhalb von fünf Jahren verschließt, beträgt 5 bis 12 Prozent.5

Welche Ursachen hat ein RVV?

Der Verschluss der Vene in der Netzhaut erfolgt häufig durch ein Blutgerinnsel, das sich an einer Engstelle festsetzt (Thrombose). Auch fettreiche Ablagerungen an den Gefäßwänden von Arterien (Arteriosklerose) in der Netzhaut können einen RVV begünstigen: Dort, wo sich diese veränderten Arterien mit den Venen kreuzen, können sie die Venen zusammendrücken und blockieren.1 In beiden Fällen führt die Blockade der Vene dazu, dass das Blut nicht mehr ungehindert abfließen kann und sich anstaut. Durch den Blutstau steigt der Druck in der Vene an. Dadurch kann Blut oder Flüssigkeit austreten und sich in der Netzhaut ansammeln. Außerdem kann es durch die gestörte Durchblutung in der Netzhaut zu einer Unterversorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff kommen.7

Die Schwere der Sehbeeinträchtigung durch einen RVV hängt davon ab, ob die Vene vollständig oder nur teilweise blockiert ist. Zudem spielt es eine entscheidende Rolle, welche Vene von der Blockade betroffen ist. Dabei unterscheidet man zwei Hauptformen des RVV:8

 

Zentralvenenverschluss (ZVV)

Hierbei ist die zentrale Vene der Netzhaut blockiert. Ein Zentralvenenverschluss äußert sich meist als plötzlicher, schmerzfreier Sehverlust auf einem Auge.

 

Venenastverschluss (VAV)

Hierbei ist ein kleinerer Venenast der Zentralvene von der Blockade betroffen. Ein Venenastverschluss kann symptomfrei bleiben oder sich in verschwommenem Sehen äußern. Venenastverschlüsse treten häufiger auf als Verschlüsse der Zentralvene.

Risikofaktoren für einen RVV

Der stärkste Risikofaktor für einen Venenverschluss in der Netzhaut ist Bluthochdruck. Weitere Risikofaktoren sind erhöhte Blutfettwerte, Diabetes mellitus sowie Störungen der Blutgerinnung. Letztere erhöhen insbesondere das Risiko für jüngere Menschen, an einem RVV zu erkranken.1

Mit einem bewussten Lebensstil und einer regelmäßigen Kontrolle der Risikofaktoren können Sie dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall oder einen RVV am anderen Auge zu verringern.5

Welche Symptome hat man bei einem RVV?

Je nach Schweregrad und Lage kann sich ein RVV in einer plötzlichen leichten bis starken Verminderung der Sehschärfe äußern, wobei Betroffene verschwommen sehen. Häufig entwickeln sich die Beschwerden über mehrere Tage. Typischerweise ist die Seheinschränkung morgens nach dem Aufwachen stärker ausgeprägt und kann sich im Tagesverlauf etwas zurückbilden. Dennoch können Spätfolgen wie ein Makulaödem auftreten. 

Typische Symptome eines Makulaödems können unscharfes Sehen, blass oder ausgewaschen erscheinende Farben und dunkle Flecken oder Linien im Gesichtsfeld sein.

 

Wie verläuft ein RVV?

Der Verlauf eines RVV ist individuell. Einige Betroffene erleben nur milde Symptome und eine langsame Verschlechterung der Sehschärfe, während bei anderen die Symptome plötzlich und intensiv auftreten können.7

Je nach Art und Schwere des RVV kann es zu Folgeerkrankungen kommen, die das Sehvermögen weiter einschränken können. Der maßgebliche Faktor, der die Sehschärfe nach einem RVV beeinflusst, ist die Entwicklung eines sogenannten Makulaödems.8 Ein Makulaödem entsteht, wenn sich im Verlauf der Erkrankung weitere Flüssigkeit unter der Makula, dem Ort des schärfsten Sehens, ansammelt.7

Die gestörte Durchblutung kann zu einer Unterversorgung des Auges mit Sauerstoff und Nährstoffen führen. Um diese auszugleichen, können neue, krankhafte Blutgefäße entstehen, die ein Makulaödem fördern und die Netzhaut weiter schädigen können.7

Eine regelmäßige ärztliche Kontrolle ist wichtig, um den Verlauf Ihrer Erkrankung zu überwachen und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Durch eine rechtzeitige Diagnose und frühe Therapie kann sich der Behandlungserfolg verbessern.9 Achten Sie daher auf mögliche Anzeichen für einen RVV und lassen Sie sie augenärztlich abklären.

Wie erfolgt die Diagnose bei einem RVV?

Die Diagnose eines RVV erfordert eine gründliche augenärztliche Untersuchung. Dabei kommen verschiedene diagnostische Verfahren zum Einsatz. Zunächst wird Ihre Sehschärfe mithilfe eines Sehtests ermittelt. Anschließend wird der Augenhintergrund mit einem Augenspiegel, dem Ophthalmoskop, untersucht (Funduskopie). Damit kann die Augenärztin oder der Augenarzt typische Veränderungen, die einen RVV anzeigen, feststellen. Auch ein mögliches Makulaödem lässt sich so beurteilen. Besteht eine entsprechende Minderung der Sehschärfe, sollte mindestens einmalig eine sogenannte Fluoreszenzangiographie durchgeführt werden. Damit kann die Ärztin oder der Arzt feststellen, wie stark die Durchblutung der Netzhaut durch den RVV eingeschränkt ist. Zur Beurteilung eines Makulaödems und zur Kontrolle des Krankheitsverlauf kann zusätzlich eine sogenannte optische Kohärenztomographie (OCT) zum Einsatz kommen.2,9

Häufige Diagnoseverfahren bei einem RVV

Nahaufnahme eines Tablets, das Blutgefäße auf der Netzhaut zeigt.

Durchblutung sichtbar machen

Mithilfe einer Fluoreszenzangiographie kann die Augenärztin oder der Augenarzt die Blutgefäße in der Netzhaut sehen und so die Durchblutung beurteilen.  

Mehr über die Fluoreszenzangiographie 

 

Das Gesicht eines älteren Herren während einer optischen Kohärenztomographie (OCT) in der Nahaufnahme

Veränderungen an der Netzhaut erkennen

Die optische Kohärenztomografie (OCT) kann Bilder von den verschiedenen Schichten der Netzhaut aufnehmen und so Veränderungen sichtar machen.  

Mehr über die optische Kohärenztomographie 

 

Die genaue Diagnose mithilfe dieser Verfahren ermöglicht Ihnen und Ihrem Behandlungsteam, sich gemeinsam für die passende Behandlungsstrategie zu entscheiden.

Abklärung von Risikofaktoren

Das Auftreten eines RVV ist mit verschiedenen Risikofaktoren verbunden. Deshalb sollten nach der Diagnose eines RVV auch diese Faktoren ärztlich abgeklärt und bei Bedarf eingestellt werden. Dazu gehören insbesondere Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder erhöhte Blutfettwerte. So können Rückfälle oder ein RVV im anderen Auge verringert werden. Bei Betroffenen unter 50 Jahren kann zudem die Untersuchung auf eine Störung der Blutgerinnung sinnvoll sein.5

Welche Behandlungsmöglichkeiten habe ich bei einem RVV?

Die Behandlung bei einem RVV hängt von der Schwere und der Dauer der Symptome ab. Meist konzentriert sich die Therapie dabei nicht auf die ursächliche Behandlung des RVV, sondern auf die Folgeerscheinungen, wie ein Makulaödem oder die Neubildung von krankhaften Blutgefäßen.8

Wichtig ist es, diese Folgeerscheinungen eines RVV rasch zu erkennen und frühzeitig mit einer passenden Therapie zu behandeln.9 Es gibt verschiedene Ansätze, die Ihre Augenärztin oder Ihr Augenarzt in Erwägung ziehen kann:

IVOM-Therapie bei Vorliegen eine Makulaödems nach einem RVV

Bei der „intravitrealen operativen Medikamenteneingabe“, kurz IVOM-Therapie, werden die Medikamente in das betroffene Auge gespritzt. Das Auge wird im Vorfeld mit Augentropfen lokal betäubt, sodass die Behandlung in der Regel schmerzfrei verläuft.7,10

Die Medikamente hemmen bestimmte Botenstoffe im Auge, die nach einem RVV übermäßig gebildet werden. Diese Botenstoffe führen zu der Neubildung der krankhaften Blutgefäße und zur Schwellung der Netzhaut. Die Hemmung der Botenstoffe verringert die krankhaften Gefäße und deren Durchlässigkeit. In der Folge kann sich die Schwellung der Makula zurückbilden.1

Eine Alternative zur IVOM-Therapie kann ein Kortison-Implantat darstellen, das in den Glaskörper des betroffenen Auges eingebracht wird. Kortison kann die Bildung eines Botenstoffs hemmen, der bei einem RVV die Neubildung der krankhaften Blutgefäße fördert.5

Laserbehandlung bei einem RVV

Kommt es aufgrund des RVV zu einem ausgeprägten Sauerstoffmangel in der Netzhaut, kann eine Laserbehandlung zum Einsatz kommen. Damit können die stark minderdurchbluteten Bereich verödet werden. Dadurch verbessert sich zwar nicht die Sehschärfe, aber Folgeschäden durch den RVV können durch die Laserbehandlung gemindert werden.

Eine Laserbehandlung kann auch ergänzend zur IVOM-Therapie infrage kommen, wenn trotz Behandlung immer wieder eine Schwellung der Makula auftritt.

 

In der Regel muss die Behandlung nach einem RVV in regelmäßigen Abständen wiederholt und der Erkrankungsverlauf engmaschig überwacht werden.  Nur mit einer konsequenten Therapie  können Sie Ihr Sehvermögen häufig erhalten oder sogar deutlich verbessern.7

Mit modernen Therapien kann das Intervall zwischen den Behandlungen möglicherweise verlängert werden. . Fragen Sie Ihre Augenärztin oder Ihren Augenarzt, welche Behandlungsmöglichkeit für Sie am besten geeignet ist.

Selbstständig leben mit einem RVV

Auch wenn der RVV zu einer Seheinschränkung führt, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie Sie sich Ihre Selbstständigkeit bewahren können. Verschiedene Hilfsmittel für Menschen mit einem Sehschärfeverlust erleichtern Ihnen den Alltag und bewahren Ihre Mobilität. Patientenorganisationen und Beratungsstellen bieten Informationen und Unterstützung an. Hier haben Sie auch die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Sie sind nicht allein!

Vielen Betroffenen fällt der Umgang leichter, wenn sie die Erkrankung selbst positiv beeinflussen können. Werden Sie aktiv! Ein gesunder Lebensstil aus einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßigem Sport wirkt sich positiv auf Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder erhöhte Blutfettwerte aus.

Zusammenfassung

Ein retinaler Venenverschluss (RVV) beeinträchtigt den Blutfluss in der Netzhaut im Auge und führt so zu Blutungen und Flüssigkeitsansammlungen. Im Verlauf können neugebildete krankhafte Blutgefäße die Netzhaut schädigen. Zudem kann ein Makulaödem entstehen, das maßgeblich zu einer Seheinschränkung infolge eines RVV beiträgt. Die Symptome eines RVV reichen von leichter bis starker Sehminderung, der Verlauf der Erkrankung ist individuell. Risikofaktoren sind unter anderem Bluthochdruck, Diabetes und erhöhte Blutfettwerte. Die Therapie der Wahl bei einem Makulaödem ist die IVOM-Therapie. Je nach Art des RVV kann auch eine Laserbehandlung zum Einsatz kommen.

1. Terao et al. J Clin Med 2022; 11:6340.

2. Mirshahi et al. Dtsch Arztebl 2008;105:474.

3. Ang et al. Eye (Lond) 2020;34:1770.

4. Lang und Lang. Klin Monbl Augenheilkd 2018;235:1297.

5. Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands zur Therapie des Makulaödems beim retinalen Venenverschluss. Klin Monatsbl Augenheilkd 2010;227:542.

6. Feltgen. Kompass Ophthalmol 2019;5:120.

7. Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA). Ihre Augenärzte informieren: Verschluss einer Netzhautvene [Augenvenenthrombose] (2022).

8. Rehak und Wiedemann. J Thromb Haemost 2010;8:1886.

9. Stellungnahme des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft und der Retinologischen Gesellschaft Intravitreale Therapie des visusmindernden Makulaödems bei retinalem Venenverschluss Therapeutische Strategien (2018).

10. https://www.pro-retina.de/forschung/therapie/ivom

 

Inhaltlich geprüft: M-DE-00021590

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